Meine sehr geehrten Damen und Herren,
verehrte Ehrengäste,
liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
was hat sich verändert in unserem Land, seit wir uns das letzte Mal vor ziemlich genau einem Jahr in Rust getroffen haben?
Deutschland hat zum Beispiel eine neue Regierung.
Lange genug hat es ja gedauert, und auch heute, fast 13 Monate nach der Bundestagswahl, hat man immer noch das Gefühl, als müsse sich die Regierung erst finden, die Minister in ihre Rolle einarbeiten.
Aufbruchstimmung? Mutige Projekte, die in die Zukunft weisen? Neue Ideen, wie wir den Herausforderungen unserer Zeit begegnen können? Fehlanzeige!
Und dort, wo die Große Koalition dann doch mal Ideen entwickelt, da läuft einem als mittelständischer Unternehmer der kalte Schauer über den Rücken.
Statt der dringend erforderlichen und angesichts der sprudelnden Staatseinnahmen eigentlich auch problemlos realisierbaren Steuererleichterungen kommen immer nur neue Ideen für zusätzliche Ausgaben und Belastungen.
Die versprochene Rentenstabilität bis ins Jahr 2040 ist hier nur eines der gravierendsten Beispiele aus der jüngsten Zeit.
Nach wie vor geht die Politik mit dem Füllhorn durchs Land, verteilt teure Geschenke – mit dramatischen Auswirkungen:
Die Summe aller Sozialausgaben wächst regelmäßig stärker als die Wirtschaftsleistung.
Vom Bundeshaushalt 2017 beanspruchte das Budget für Arbeit und Soziales mehr als ein Drittel der Gesamtausgaben.
Wer das alles langfristig bezahlen und was geschehen soll, wenn die Konjunktur mal nicht mehr so brummt, bleibt offen.
Hier gilt es insbesondere für die Mittelständische Wirtschaft, die Stimme zu erheben und die wenigen Mahner, die es in Berlin doch noch gibt, wirkungsvoll zu unterstützen.
Ich bin sehr froh, dass dies unser Dachverband, der ZDH, im Namen des Handwerks sehr intensiv tut und insbesondere Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer immer wieder deutliche Worte dafür findet, was für den Wirtschaftsstandort Deutschland wirklich erforderlich wäre:
„Allein mit Geldausgeben bekommen wir keine Modernisierung hin.
Eine Regierung mit Spendierhosen und die Wirtschaft als ihr Zahlmeister – nein danke!“
Das hat unser Handwerkspräsident kürzlich der Großen Koalition ins Stammbuch geschrieben.
Recht hat er damit.
Und noch etwas hat sich gravierend verändert in Deutschland in diesem Jahr:
Deutschland ist kein Fußball-Weltmeister mehr.
Aber hier frage ich: Ist das denn so schlimm?
Schließlich gibt es im Fußball keine Meisterpflicht.
Man kann auch Fußball spielen, ohne Meister zu sein.
Gerade ich als Freiburger weiß, wovon ich da rede.
Andererseits hat diese WM gezeigt: Ohne Meister ist es irgendwie auch doof.
Und wer nicht meisterlich drauf ist, der kann auch nicht gewinnen.
Das gilt, meine Damen und Herren, jedoch nicht nur für den Fußball, sondern auch für das Handwerk und ganz besonders für unser Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerk.
Deshalb kämpfen wir seit der Novellierung der Handwerksordnung vor 15 Jahren so sehr für die Wiedererlangung der Meisterpflicht für unser Gewerk.
Es ist keine Marktabschottung, keine Ausgrenzung unliebsamer Konkurrenz, keine Diskriminierung, wenn wir sagen:
Wer sich im Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerk selbständig machen will, der muss wissen, was er tut.
Und das lässt sich nun mal am effektivsten durch den Meisterbrief nachweisen.
Deshalb freut es mich sehr, dass wir nun erstmals seit vielen Jahren eine echte Chance sehen, dass es tatsächlich gelingt, unser Gewerk zurück in die Anlage A der Handwerksordnung und damit in die Meisterpflicht zu führen.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU hat sich dieses Ziel mit Nachdruck auf die Fahnen geschrieben und erreicht, dass es in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen wurde.
Der Fußball liegt also auf dem Elfmeterpunkt. Jetzt sind wir am Zuge.
Das erfordert intensive Interessenvertretung, gute Argumente und einen langen Atem.
Doch all das können wir als Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerk bieten.
Deshalb haben wir uns intensiv dieses Themas angenommen, stehen in regen Austausch mit den maßgeblichen Politikern, reden in einflussreichen Gremien mit.
Wenn wir aber für die Meisterpflicht in unserem Gewerk kämpfen mit dem Argument, dass nur so unserer Status als Qualitätshandwerk erhalten werden kann, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir uns auch gerade als Innungsbetriebe überzeugend als Qualitätshandwerk präsentieren.
Dazu gehören nach meiner festen Überzeugung u.a. drei Dinge auf die ich nun näher eingehen möchte:
Kommen wir zu meinem ersten Punkt, der Notwendigkeit der ständigen Fortbildung.
Wir dürfen uns als Fachhandwerk ganz einfach nicht auf Ausbildung und irgendwann einmal abgelegter Meisterprüfung ausruhen, sondern wir müssen neugierig verfolgen, was sich Neues tut in unserer Branche und uns kontinuierlich weiterbilden.
Denn das Produktspektrum im R+S-Handwerk wird immer breiter. Ob Fenster, Einbruchschutz oder jetzt ganz aktuell „Smart Home“. Hier lohnt es sich immer, neugierig und informiert zu bleiben, für den eigenen Betrieb interessante neue Geschäftschancen auszuloten.
Wir als Verband wie auch die Innungen unterbreiten hierzu jede Menge attraktive Angebote – haben aber das Gefühl, dass das noch viel zu wenig genutzt wird.
Natürlich hat derzeit jeder viel zu tun.
Aber die Weiterbildung sollte nicht dem Tagesgeschäft zum Opfer fallen, sonst ist man irgendwann einmal abgehängt.
Damit komme ich zu meinem zweiten Thema, das ich für einen Fachbetrieb unseres Gewerks für eine Selbstverständlichkeit halte, nämlich die Ausbildung.
Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die Auszubildenden sind unsere Zukunft.
Ohne genügend Auszubildende heute gibt es morgen auch nicht genügend Fachkräfte.
Da muss man rechtzeitig gegensteuern.
Und zwar nicht nur Kammern, Innungen und Verbände, sondern jeder einzelne Betrieb.
Zwar können wir immer noch auf steigende Ausbildungszahlen verweisen, sind jetzt bei insgesamt 514.
Aber die Zahl der Ausbildungsbetriebe stagniert.
Hier schlummert noch viel Potential, das es zu heben gilt.
Ich weiß sehr wohl: Es ist nicht ganz einfach, geeignete junge Menschen zu finden und für eine Ausbildung zum Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker zu begeistern.
Deshalb unternehmen wir als Verband und Innungen ja auch viel, um für den Beruf in unserem Gewerk zu werben.
Und der Zentralverband des Deutschen Handwerks kämpft in politischen Gesprächen wie auch mit seiner Imagekampagne schon seit längerem dafür, dass der „Akademisierungswahn“ in Deutschland gestoppt und die berufliche Ausbildung wieder die gesellschaftliche Anerkennung erhält, die ihr tatsächlich zusteht.
Hier sind auch Erfolge zu verzeichnen.
Um mal wieder etwas Positives über die Regierung zu sagen:
Sie hat sich ganz eindeutig zur Stärkung der beruflichen Bildung bekannt.
Und viele Aussagen der neuen Bildungsministerium Anja Karliczek lassen ein erfreuliches Umdenken erkennen:
„Bildungsland Deutschland“ heißt eben nicht nur Max-Planck-Gesellschaft und Exzellenzcluster an den Universitäten, sondern auch Duale Ausbildung und großartiges Engagement von kleinen und mittleren Betrieben bei der Zukunftssicherung für junge Menschen.
Es wird also viel getan, um zu zeigen, wie attraktiv eine Ausbildung im Handwerk ist – und deshalb bin ich überzeugt:
Wer wirklich ausbilden will, wer bereit ist, hier etwas Zeit und Mühe zu investieren – z.B. in Schulbesuche oder das Angebot von Betriebspraktika – der wird auch geeignete Bewerber finden.
Ich bin jedes Jahr bei mehreren Freisprechungsfeiern in den Berufsschulen mit dabei.
Und ich erlebe jedes Mal: Das sind in aller Regel aufgeweckte, engagierte junge Menschen, die was drauf haben, die bereit sind, etwas zu leisten, die eine Bereicherung sind für jeden Betrieb.
Deshalb mein dringender Appell: Bilden Sie aus!
Sie tun damit nicht nur Ihrem Betrieb etwas Gutes, sondern leisten zudem einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unseres Gewerks.
Und damit bin ich beim dritten Aspekt, den ich für einen Fachbetrieb unerlässlich halte:
Die eigene Produktion.
Natürlich versorgt uns unsere Zulieferindustrie mit so ausgereiften und hochwertigen Produkten, dass wir nicht mehr alles, was wir unseren Kunden anbieten, selbst produzieren müssen.
Die Arbeitsteilung zwischen Handwerk und Industrie funktioniert in unserer Branche hervorragend, daran möchte ich auf keinen Fall rütteln.
Außerdem ist die Herstellung so mancher Produkte aufgrund verschiedenster Auflagen und Vorschriften mittlerweile so kompliziert geworden, dass sie für kleinere Handwerksbetriebe gar nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist.
Und dennoch: Wir sollten uns nicht darauf beschränken, nur noch reine Montagebetriebe zu sein, die lediglich das ans Gebäude bringen, was andere für uns herstellen.
Denn so verzichten wir auf wichtige Aspekte des Profils unseres Handwerks, machen uns früher oder später ersetzbar.
Handwerk, so wie ich es verstehe, ist auch Produktion.
Und daran müssen wir nach meiner festen Überzeugung festhalten!
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zum Abschluss meiner Ausführungen noch auf ein Thema zu sprechen kommen, das mir ebenfalls sehr am Herzen liegt – und das ist Europa.
In wenigen Monaten, im Mai kommenden Jahres, finden die nächsten Europawahlen statt.
Dieses Mal geht es aber nicht mehr nur darum, ob vielleicht die Christdemokraten oder die Sozialdemokraten, ob die Grünen oder die Liberalen ein paar Stimmen und damit Sitze mehr im Europäischen Parlament bekommen.
Es geht vielmehr darum, ob die Freunde oder die Feinde Europas die Mehrheit erhalten.
Und damit ist es sicherlich nicht übertrieben, von einer Schicksalswahl zu sprechen.
Meine Damen und Herren, das Handwerk hat sich immer klar zu Europa bekannt.
Und das unterstütze ich aus vollem Herzen.
Ich lebe in einer Grenzregion und erlebe daher die Vorzüge offener Grenzen tagtäglich.
Ein Obermeister unseres Gewerks lebt sogar in Frankreich, ein weiterer zieht demnächst nach Belgien.
Wir sind schnell bei der Hand, wenn es darum geht, auf „Brüssel“ und die Akteure dort zu schimpfen.
Die Vorteile, die uns Europa bringt, erachten wir jedoch als selbstverständlich.
Wir fahren ohne Grenzkontrollen in ein anderes Land, bezahlen dort ohne die Mühsal des Geldwechselns und Umrechnens mit derselben Währung.
Und wenn wir zuhause anrufen wollen, dann tun wir das ebenso ohne zusätzliche Kosten wie das Surfen im Internet.
Wir fühlen uns also in Europa zuhause, bewegen uns wie selbstverständlich von einem Land in das andere.
Dahinter wird doch ernsthaft niemand zurück wollen, in eine Kleinstaaterei mit Schlagbäumen und Abschottung?
Auf der Welt leben 7,5 Milliarden Menschen, 2050 werden es 9 Milliarden sein.
Allein in China leben 1,4 Milliarden Menschen, in den USA 326 Millionen.
Da wollen wir mit gut 80 Millionen Deutschen alleine mithalten können?
Das wäre auf Dauer zum Scheitern verurteilt.
Wir würden zwischen den großen Wirtschaftsblöcken zerrieben.
Mehr, nicht weniger Zusammenarbeit ist in Europa gefordert, wollen wir auch künftig gegenüber USA, China, Indien, Russland bestehen.
Von einem geeinten Europa profitiert auch das Handwerk.
Und wir haben eine lange Tradition des Austausches und des Lernen von anderen Ländern.
Nationale Engstirnigkeit war noch nie Sache des Handwerks.
Die traditionelle Walz machte nicht an Landesgrenzen halt.
Es ging vielmehr darum, andere Regionen, Kulturen und neue Fertigkeiten kennenzulernen.
Neue Ideen wurden aus fernen Ländern mitgebracht, der Fortschritt und damit der Wohlstand vorangetrieben.
Das sollten wir viel stärker auch heute noch machen.
Schicken wir unsere Azubis ins Ausland.
Auch dafür – nicht nur für Studenten – gibt es Förderprogramme wie z.B. ERASMUS.
Damit machen wir eine Ausbildung bei uns nicht nur attraktiver, sondern von den Erfahrungen und Eindrücken, die die jungen Menschen dabei gewinnen, profitieren später dann auch ihre Arbeitgeber.
Eine klassische Win-Win-Situation also.
Meine Damen und Herren,
die Rollladen- und Sonnenschutzbranche trifft sich heute hier in Magdeburg in einer ausgesprochen erfreulichen Situation.
Die Betriebe sind mit ihrer Geschäftslage mehr als zufrieden, die Auslastung liegt jetzt schon seit vielen Monaten bei rund 100 Prozent.
Der Umsatz ist laut Statistischem Bundesamt in 2017 noch einmal um 2 Prozent gestiegen und lag bei 2,1 Mrd. Euro.
Auch in diesem Jahr rechnen wir abermals mit einer Steigerung.
Wenn wir bei unserer diesjähriger Haupttagung vielleicht ein paar Teilnehmer weniger sind also sonst üblich, dann mag das auch daran liegen.
Die Betriebe haben einfach zu viel zu tun, sind lieber beim Kunden als bei uns auf unserer Tagung.
Allerdings gibt es keine Gewähr, dass das auf Dauer so bleibt.
Dunkle Wolken stehen am Himmel:
Die internationale politische Lage, zunehmender Protektionismus, falsche Weichenstellungen in der nationalen Politik – all das kann den Aufschwung gefährden, die Zukunftsaussichten eintrüben.
Wie immer in schwierigen Zeiten heißt dies, dass wir als Unternehmer selbst gefordert sind.
Wir müssen unsere Unternehmen zukunftsfest aufstellen, dürfen angesichts der aktuellen Lage nicht zu nachlässig werden.
Unsere Aufgabe als Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz ist es dabei, unsere Mitgliedsbetriebe bei dieser Aufgabe zu unterstützen.
Wir müssen die aktuellen Entwicklungen genau beobachten und unseren Mitgliedern Hinweise geben, wie sie darauf reagieren sollen.
Wir müssen politische Vorhaben, die unsern wirtschaftlichen Erfolg gefährden, frühzeitig erkennen und rechtzeitig gegensteuern.
Das sind keine leichten Aufgaben, aber sie werden von uns erwartet.
Wir sehen den Verband hierfür gut aufgestellt und gewappnet für diese Herausforderungen.
Insofern sage ich: Die Zukunft kann kommen. Begegnen wir ihr mutig und mit Neugierde.
Ich danke Ihnen.